Lange hieß es, Pannen bei der Aufklärung der NSU-Morde hätte es nur beim Bund und anderen Ländern gegeben. Im Innenausschuss kritisiert Hans-Christian Ströbele nun die Berliner Verantwortlichen.

Es waren Fehleinschätzungen, Pannen und verpasste Chancen. Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern ermöglichten es dem Terrortrio „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) so, von 2000 bis 2006 acht türkische und einen griechischen Kleinunternehmer, sowie 2007 eine deutsche Polizistin zu ermorden.

Lange dachten die Verantwortlichen in Berlin, Versäumnisse hätte es nur beim Bund und in anderen Ländern gegeben. Aber es stellte sich heraus, dass auch die Berliner Polizei Informationen, die zur Ergreifung der abgetauchten Neonazis hätten führen können, für sich behalten hatten. Zu allem Überfluss wurden Akten geschreddert.

Am Montag erklärten Polizeipräsident Klaus Kandt und der Leiter des Staatsschutzes, Christian Steiof, was sie künftig besser machen wollen. Im Innenausschuss stellten sie einen „Zwischenbericht zur Umsetzung der parlamentarischen Empfehlungen zum ,NSU-Komplex‘“ vor: Justiz und Nachrichtendienste sollen besser zusammenarbeiten, die Motive rechtsextremer Täter besser erfasst werden.

Mitarbeiter sollen Fortbildungen zur interkulturellen Kompetenz erhalten, die Polizei will mehr junge Migranten einstellen und besser mit Opferschutzstellen kooperieren. Innensenator Frank Henkel (CDU) und Polizeipräsident Kandt sprachen von dauerhaften Verbesserungen, die teilweise schon auf den Weg gebracht worden seien.

„Unstrukturierte“ Zusammenarbeit

Zu Gast im Ausschuss waren Abgeordnete aus dem früheren Untersuchungsausschuss des Bundestags zum NSU. Einen eigenen Untersuchungsausschuss, darin waren sich Clemens Binninger (CDU), Eva Högl (SPD), Hans-Christian Ströbele (Grüne) und Petra Pau (Linke), zwar weitgehend einig, brauche Berlin nicht. Ströbele bezeichnete Berlin und Brandenburg aber als „Schlüsselländer“ bei der Frage, warum das NSU-Mördertrio nicht schon 1998 oder 1999 aufgeflogen sei. So habe der V-Mann Thomas S. eine entscheidende Rolle beim Untertauchen der Neonazis gespielt.

Der Berliner V-Mann-Führer von S. habe wichtige Informationen aber nicht den Bundesländern zugeleitet, in deren Verantwortungsbereich das Abtauchen von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe fiel. Der CDU-Abgeordnete Binninger sprach von einer „unstrukturierten“ Zusammenarbeit der Bundes- und Landesbehörden. Die Linke-Politikerin Pau kritisierte, die Verfassungsschutzämter hätten die Szene nicht durchleuchtet, sondern sie geschützt. Högl kritisierte, es sei niemals ernsthaft zu einem rechtsextremen Hintergrund ermittelt worden.