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Hamburg

Tunesische Pfleger proben den Aufstand

Kooperationsmodell droht zu scheitern

Es sollte ein neuer Weg sein, dem drohenden Fachkräftemangel in den Gesundheitsberufen zu begegnen. Gemeinsam mit der Bundesregierung hatte der Gesundheitskonzern Asklepios im vergangenen Jahr ein dreijähriges Pilotprojekt gestartet, um 150 Jugendliche aus Tunesien als Krankenpfleger auszubilden. Jetzt steht der innovative Plan vor dem Aus. Zum Ausbildungsbeginn des zweiten Kurses war am Donnerstag nur einer der jungen Leute an seinem Arbeitsplatz erschienen – von insgesamt 25. Bereits vor einigen Tagen war es nach Informationen der „Welt“ zwischen den zukünftigen Krankenpfleger, die seit einem halben Jahr einen Sprach- und Kulturkurs in Hamburg absolvieren, und dem Arbeitgeber zum Eklat gekommen. Ein Teil der Jugendlichen hatten gegen die Vertragsbedingungen protestiert, unter anderem fordern sie eine höhere Ausbildungsvergütung. Das hatte Asklepios mit Verweis auf die unterschriebenen Ausbildungsverträge abgelehnt und erste Kündigungen eingeleitet.

„Wir sind von dem Verlauf vollständig überrascht worden“, sagte Jan Stephan Hillebrand, der das Projekt „Transformationspartnerschaft im Gesundheitswesen“ leitet. Beteiligt sind das Auswärtige Amt und das tunesische Gesundheitsministerium. Mehrere Hundert junge Tunesier hatten sich am dem mehrtägigen Bewerbungsverfahren beteiligt. Die erste 25 Pflegeschüler waren vor einem knappen Jahr nach Hamburg gekommen, seit April sind sie in der Ausbildung. In dieser Zeit werden sie weiter von dem Projektteam betreut. Nach dem Abschluss können sie ihren Beruf sowohl in Tunesien als auch mit besonderen Bleiberechtsreglungen für Gutqualifizierte in Deutschland ausüben. „In der ersten Gruppe läuft alles reibungslos“, so Hillebrand.

Es könnte trotzdem eine einmalige Aktion bleiben. Asklepios-Sprecher Rudi Schmidt sagte jetzt: „Wir werden keine weiteren Tunesier nach Deutschland holen, solange die Situation im Kurs 2 ungeklärt ist.“ Der Krankenhaus-Betreiber lässt sich die Integrationsmaßnahme einen mehrstelligen Millionenbetrag kosten. Derzeit wird ein dritter Durchlauf in Tunis auf die Ausbildung in Deutschland vorbereitet. Als Ankunftstermin ist der 1. Oktober geplant.

Unterdessen wird unter Hochdruck nach einer Lösung für jungen Tunesier gesucht. Ihr Aufenthaltsrecht ist an den Ausbildungsvertrag geknüpft, deshalb müssten sie theoretisch unverzüglich zurückkehren. Das wollen sie aber nicht. Viele haben auch bereits eine Ausbildung im Gesundheitsbereich und hoffen, dass diese hier anerkannt werden kann. Wie brisant die Situation ist, zeigt ein Treffen von Vertretern verschiedener Behörden Mitte der Woche.

„Wir haben das Projekt sehr begrüßt“, sagte der Chef der Hamburger Agentur für Arbeit, Sönke Fock, der „Welt“. Die Entwicklung sieht er mit Sorge. „In Deutschland hat man nur eine Chance auf dem Arbeitsmarkt, wenn man einen berufsqualifizierenden Abschluss besitzt.“ Auch in der Sozialbehörde hieß es, man müsse jetzt verschiedene Möglichkeiten prüfen. Eine kleine Hoffnung gibt es inzwischen. Das Welcome Center habe ihnen ein Aufenthaltsrecht für drei Monaten erteilt, erklärte eine der Jugendlichen nach einem Termin in der Einrichtung.

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