Keine Stiftung für Gymnasium Tegernsee

Der Gründer des Handelskonzerns Metro und Milliardär Otto Beisheim hat einem bayrischen Gymnasium eine mit 10 Millionen Euro dotierte Stiftung angetragen. Dafür sollte die Schule seinen Namen tragen. Doch wegen Beisheims ungeklärter Rolle im Zweiten Weltkrieg sowie seiner Geschäftspraktiken formierte sich Widerstand.

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Der Gründer des Handelskonzerns Metro und Milliardär Otto Beisheim hat im Sommer dieses Jahres die Einrichtung einer Stiftung über 10 Millionen Euro für das Gymnasium Tegernsee in Bayern angeboten. Damit hätte die in einem Schloss direkt am idyllischen Tegernsee untergebrachte Schule pro Jahr rund 300 000 Euro zur Verfügung gehabt, um gemäss Stiftungsvertrag besonders Begabte zu fördern, Bedürftige zu unterstützen sowie Partnerschaften inklusive Schüleraustauschen mit ausländischen Schulen zu pflegen, wie Werner Oberholzner, der Direktor des Gymnasiums, berichtet. Dafür hätte sich die Lehranstalt allerdings in Otto-Beisheim-Schule umbenennen sollen. Doch wenige Tage nachdem Anfang November die «Professor Dr. h. c. Otto Beisheim Stiftung Tegernsee» als rechtsfähige öffentliche Stiftung staatlich anerkannt worden war, ist nun der Traum geplatzt.

Unrühmliche Nazivergangenheit?

Denn seit dem Sommer formulierte sich bei Lehrern, Eltern und Schülern immer stärker der Widerstand gegen eine «Otto-Beisheim-Schule» - dies, obwohl Elternbeirat wie Lehrerkollegium sich nach heftigen internen Debatten im Spätsommer für die Umbenennung entschieden hatten. Doch nun verlangte das Lehrerkollegium noch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung vom bayrischen Kultusministerium für den mittlerweile als Schweizer Staatsbürger in Zug lebenden Beisheim. Und da sei dem Unternehmer die Agitation gegen seine Person zu heftig geworden, teilte Erich Greipl, der Vorstand der schon länger bestehenden und deutschlandweit wie auch international tätigen Otto-Beisheim-Stiftung, mit. Die Tegernsee-Stiftung werde nun nicht dotiert.

Stein des Anstosses war in erster Linie die bis dato nie ganz geklärte Rolle Beisheims im Zweiten Weltkrieg. Die Gerüchteküche brodelte, und es war immer wieder von einer Zugehörigkeit zur Leibstandarte Adolf Hitler, einer der Waffen-SS zugeordneten Panzerdivision, die Rede. Laut gängigen Lexika trägt diese Einheit die Verantwortung für zahlreiche Kriegsverbrechen an der Ost- wie an der Westfront. Gerüchte um Beisheims Aktivitäten während des Krieges waren auch schon in den vergangenen Jahren aufgetaucht, er selber hatte sich jedoch weder jetzt noch zu einem früheren Zeitpunkt dazu geäussert. Wie wenig Gewicht diese Vorwürfe jedoch besässen, zeige sich daran, so betonten diverse Politiker in Tegernsee in den vergangenen Wochen immer wieder, dass Beisheim bereits das Bundesverdienstkreuz sowie der Bayerische Verdienstorden verliehen worden sei.

Zu Beginn dieser Woche legte Greipl nun erstmals Fakten auf den Tisch: Ja, Beisheim sei Mitglied in der Leibstandarte gewesen. Er sei damals als 18-Jähriger zur Wehrpflicht eingezogen und in diese Panzerdivision versetzt worden. Er habe dort immer nur den untersten Dienstgrad innegehabt. Mehr sagte Greipl auf Anfrage jedoch nicht. Auch Oberholzner bekam nach eigener Aussage diese bestätigten biografischen Daten erst vor zwei Tagen auf den Tisch. Hätte man diese bereits vor Wochen gekannt, hätte sich niemand an der Schule über diesen Punkt in Beisheims Vita aufgeregt und die Namensgebung verhindert, versicherte er im Gespräch.

Beisheim ist jedoch nicht nur wegen seiner eventuell unrühmlichen NS-Vergangenheit umstritten. Auch sein Gebaren als Geschäftsmann erscheint vielen Eltern und Schülern als nicht geeignet, um ihn als Vorbild für Schüler hinzustellen. So fiel der Metro-Konzern, international eine der grössten Handelsgruppen mit weltweit rund 260 000 Beschäftigten und einem Umsatz von 56 Milliarden Euro, immer wieder durch eine aggressive Preispolitik auf. Einer der bekannten Werbeslogans von Metro in Deutschland ist «Geiz ist geil». Solle dies wirklich die Haltung sein, die man Schülern vermitteln wolle, fragt Johannes Pflügel, ein ehemaliger Schüler des Gymnasiums Tegernsee und Sprecher der Grünen Jugend Holzkirchen. Ausserdem lägen massive Vorwürfe gegen Metro vor, in der Türkei nur Mindestlöhne zu zahlen, die unterhalb der Armutsgrenze lägen.

Verärgerung allenthalben

In Tegernsee herrscht nun aber vor allem Ärger und Verdruss über die entgangenen Gelder. Oberholzner will sich erneut mit dem Stiftungsvorstand in Verbindung setzen und ein klärendes Gespräch führen. Einige erboste Eltern trauern den entgangenen Geldern laut nach. Und der Landrat befürchtet, dass nun ganz Deutschland über das Tal lache. Beisheim ist dort - er besitzt einen Zweitwohnsitz in Rottach-Egern, einer der Talgemeinden - schon seit Jahren als Mäzen bekannt. So hat er einen Kindergarten, diverse Kranken- und Notarztwagen, Turnvereinsheime und Sportplätze gestiftet. Als Dank wurde ihm erst Anfang November dieses Jahres die Ehrenbürgerwürde aller fünf Talgemeinden gleichzeitig verliehen, ein eher ungewöhnlicher Vorgang. Doch bereits in der Vergangenheit waren am Tegernsee Beisheims Millionen nicht immer willkommen gewesen. So scheiterte der Bau einer Mehrzweckhalle in Bad Wiessee an landschaftsschützerischen Einwänden, und auch das Projekt Eisstadion für Kreuth wurde durch die Uneinigkeit der zu Beschenkenden verhindert.