Neben dem Discounter

GEDENKEN In Moabit soll an die Deportation von Juden im Dritten Reich erinnert werden. Das Ringen darum dauert bereits mehrere Jahre und könnte sich jetzt entscheiden

„Von hier fuhren Züge ins Gas“ –seit Mitte Mai weist ein Schild mit dieser Aufschrift in der Moabiter Quitzowstraße auf die Geschichte des Ortes im nationalsozialistischen Deutschland hin. Angebracht hat es die Initiative „Sie waren Nachbarn“, die sich damit für einen Gedenkort an der Stelle des ehemaligen Bahnhofs stark macht.

Vom Güterbahnhof Moabit aus wurden zwischen 1941 und 1945 mehr als 30.000 Menschen in Ghettos und Konzentrationslager verschleppt. Heute erinnern nur noch eine Gedenktafel und eine kleine, zwischen Discounter und Baumarkt liegende Freifläche an diese Zeit.

„Es kann nicht sein, dass da nichts ist“, empört sich Sabine Weißler, Leiterin der Kultur- und Umweltabteilung im Bezirksamt Mitte. Bereits seit zehn Jahren sei die Idee eines Gedenkortes im Raum. Bürokratische Hürden und klamme Kassen haben bislang eine Realisierung verhindert, heißt es.

Weißler wünscht sich ein Mahnmal, das die Bedeutung des Ortes klarmacht und sich zwischen der grellen Werbung der benachbarten Geschäfte durchsetzen kann. Die Reaktionen auf die Idee sind laut Robert Kuhrt von „Sie waren Nachbarn“ gemischt, trotzdem soll der Gedenkort nun realisiert werden.

Größter Knackpunkt war bislang die Finanzierung des Projekts. Das Land Berlin hat sich inzwischen bereit erklärt, die Kosten für einen Künstlerwettbewerb zu übernehmen, das Mahnmal selbst soll die Lotto-Stiftung bezahlen. Deren Stiftungsrat, zu dem unter anderem der Regierende Bürgermeister Michael Müller gehört, entscheidet Anfang Juni über den Gedenkort.

Egal, wie der Stiftungsrat entscheidet, in der Quitzowstraße soll auf jeden Fall ein Gedenkort entstehen. „Vielleicht machen wir selber was auf dem Gelände, falls es nichts wird“, sagt Robert Kuhrt. Was das sein könnte, ließ er offen. RONNY MÜLLER