Plötzliche Abstimmung Koalition will Google-Steuer durchs Parlament peitschen
Berlin - Den Gegnern des umstrittenen Leistungsschutzrechts droht eine herbe Niederlage: Noch in dieser Woche soll der Bundestag über das geplante Gesetz entscheiden. Der entsprechende Tagesordnungspunkt wurde am Nachmittag auf die Agenda der laufenden Sitzungswoche gehievt. Demnach werden die Abgeordneten am Freitagmorgen um 9 Uhr den Gesetzentwurf final beraten und darüber abstimmen.
Der Termin kommt überraschend, da selbst Vertreter der schwarz-gelben Regierungskoalition zuletzt erhebliche Bedenken gegen die geplante Google-Steuer angemeldet hatten. Das sorgte für Termin-Wirrwarr: Erst sollte das Gesetz den Bundestag diesen Mittwoch passieren. Dann wurde es wegen der wachsenden Kritik kurzfristig von der Tagesordnung gekegelt. Zuletzt war unklar, ob das Leistungsschutzrecht überhaupt noch vor der Sommerpause behandelt werden würde.
Nun soll plötzlich alles ganz schnell gehen - und die umstrittene Regelung doch noch in dieser Woche durchs Parlament gebracht werden. Die schwarz-gelbe Koalition will das sperrige Thema offensichtlich so schnell wie möglich abräumen. "Wir gehen davon aus, dass einer Abstimmung am Freitag nichts mehr im Wege steht", hieß es aus Kreisen der Unionsfraktionsspitze.
Grüne drängen auf namentliche Abstimmung
Die Opposition kündigte Widerstand an. Die Grünen wollen Zeit schinden und den Freitag im Plenum mit einer Debatte über die Geschäftsordnung beginnen. Außerdem will die Fraktion beantragen, dass jeder Abgeordnete namentlich abstimmen muss. "Die Menschen sollen wissen, wer die Interessen der Bürgerinnen und Bürger oder die von Springer vertritt", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, SPIEGEL ONLINE.
Verhindern wird das, sollte sich an der Tagesordnung nichts mehr ändern, die Abstimmung allerdings auch nicht. Das Gesetz ist im schwarz-gelben Koalitionsvertrag verankert, eine Mehrheit im Parlament ist sehr wahrscheinlich - auch wenn Netzpolitiker aller Fraktionen dem Leistungsschutzrecht skeptisch gegenüberstehen. Am Mittwoch befasst sich der Rechtausschuss des Bundestags mit dem Gesetzentwurf, dort sollen unter anderem Verfassungsrechtler Stellung nehmen.
Mit dem Leistungsschutzrecht wollen Verlage von Suchmaschinen wie Google dafür Geld verlangen, wenn in Suchergebnissen mehr als nur Überschrift und Link eines Artikels stehen. Die Verlegerverbände argumentieren damit, dass etwa Newsaggregatoren mit Hilfe ihrer Inhalte große Geschäfte machen, während sie leer ausgingen. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) und Experten werfen der Regierung vor, das Leistungsschutzrecht sei ein bedenklicher Eingriff in die Grundrechte, Google selbst lehnt das Gesetz vehement ab.