Libyen-Krise: Tripolis sitzt auf dem Trockenen

Hauptwasserader funktioniert nicht +++ Rebellen nehmen Gaddafi-Hochburg Sirte ins Visier +++ NATO beginnt mit Angriffen

Fast zwei Millionen Einwohner der libyschen Hauptstadt Tripolis haben kein fließendes Wasser.

Muammar al-Gaddafis „Achtes Weltwunder“ hat derzeit den Geist aufgegeben: Ein gewaltiges Pipeline-Projekt mit 4000 Kilometer Betonröhren. Die Pumpstation hat keinen Diesel.

Gerüchte um Sabotage haben sich nicht bestätigt, berichtet Bild.de-Reporter Julian Reichelt aus Tripolis.

Der Nationale Übergangsrat versprach schnelle Hilfe. Tanklaster bringen ununterbrochen Wasser in die Stadt. In Moscheen wird es ausgegeben.

Hintergrund: Die Küstenstädte im Norden des Landes werden vor allem durch ein riesiges Pipeline-Projekt mit fossilem Wasser aus der Wüste versorgt. Gaddafi selbst hatte das „Great-Man-Made-River-Projekt“ gerne als „Achtes Weltwunder“ gepriesen. . Bis zu sechs Millionen Kubikmeter Wasser schossen täglich unter dem Sand durch Richtung Küste.

Doch damit ist erst mal Schluss: In der Pumpstation bei Ras Lanuf (660 Kilometer östlich von Tripolis) ist der Diesel ausgegangen. Es gab auch Berichte, wonach Gaddafis Schergen diese Kontrollstation angriffen und teilweise lahmlegten.

Auch die Stromversorgung ist weiterhin größtenteils unterbrochen. Elektrizitätswerke haben ebenfalls keinen Diesel mehr. Es fehlt an Medikamenten und Treibstoff. Der Preis für 20 Liter Benzin ist 28 Mal so hoch wie vor Beginn der Kämpfe und liegt nun bei 100 US-Dollar (69 Euro).

In den Krankenhäusern wird die Versorgung tausender Verletzter wegen des Wasser- und Strommangels zunehmend schwieriger.

Inzwischen ist die Lieferung von Dieselöl für Wasser- und Elektrizitätswerke wieder angelaufen. Mit der Verteilung von 30 000 Tonnen Benzin wurde am Samstag begonnen.

SIRTE IM VISIER

Inzwischen haben die Rebellen auch die letzte Gaddafi-Bastion Sirte ins Visier genommen. Nach eigenen Angaben stehen sie zum Sturm auf die Geburtsstadt des untergetauchten Diktators bereit.

Die Übergangsregierung verhandelt seit Tagen über eine friedliche Übergabe.

Die NATO teilte am Vormittag mit, dass bereits gestern in Sirte und Umgebung vier Radarstationen, drei Militärfahrzeuge, eine Antenne und zwei Boden-Luft-Raketensysteme durch Beschuss zerstört wurden. Auch 20 Behälter für Boden-Luft-Raketen seien getroffen worden, hieß es.

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