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Inflationsziel von 4%: Gut oder nicht gut?

25. Februar, 2010 · 1 Kommentar

Inflationsziel 4 Prozent?

In einer Studie hat der IWF ein neues Inflationsziel von 4% für die Eurozone vorgeschlagen. Bisher strebt die Europäische Zentralbank, bekanntlich, eine jährliche Inflationsrate von “nahe, aber unter 2 Prozent” an. Die Forderung des IWF kommt also einer glatten Verdopplung der erwünschten (bzw. tolerierbaren) Inflation gleich.

In der Presse findet der Ratschlag des IWF einige Beachtung, und die Debatte wird demnächst — denke ich — noch intensiver.

Die EZB hat sich seit ihrer Gründung als “Inflationsfalke” profiliert und damit den Weg der Bundesbank eingeschlagen, was sicher ein Zugeständnis an die inflationsaversen Deutschen war, die unverhohlene Angst vor einem “weichen Euro” hatten. Mit der klaren Definition des Inflationssziels wurde dieses Zugeständnis auch schriftlich festgehalten.

Nun aber plagen Deflationssorgen die Welt und auch die Eurozone. Und Deflation ist nach allgemeinem Konsens schlimm (teile ich unbedingt, allerdings nicht soviel wegen der häufig erwähnten Konsumzurückhaltung (wenn die Preise fallen, warten die Verbrauchen auf noch niedrigere Preise und schieben Käufe auf), sondern wegen der in der Deflation permanent zunehmenden realen Schuldenlast. Für eine Wirtschaft — und das ist nun mal der Fall –, die auf (vielen) Schulden aufgebaut ist, wäre eine solche Entwicklung ziemlich fatal).

Eine schleichende leichte Entwertung der Schulden ist nahezu notwendig. Deswegen beträgt das Inflationsziel auch nicht Null. Dazu kommt ein weiterer Grund: Die Inflation wird als (gewichteter) Durchschnitt ermittelt. Wenn man ein Inflationsziel von “nahe Null” festlegen würde, bedeutet dies, dass viele Branchen unweigerlich unter Null liegen werden, sprich: sie werden in einem Deflationsumfeld operieren müssen. Ergibt sich einfach aus der Durchschnittsbildung. Eine solche Entwicklung ist aber zu vermeiden, daher hebt man das Inflationsziel an.

Darüber hinaus ist es klar, dass die Zentralbank die Preisentwicklung nicht präzise und schnell steuern kann. Ein gewisser Sicherheitspuffer soll dazu dienen, etwaigen Deflationstendenzen früh genug entgegenwirken zu können. Im Prinzip auch andersherum: Das Inflationsziel ist nicht zu hoch, damit die Zentralbank rechtzeitig steigende Preise bekämpfen kann — d.h. bevor sich eine Inflationsspirale verselbständigt…

Wenn wir diese zwei Punkte nehmen — Durchschnittsbildung und Sicherheitsabstand — können wir relativ schnell die Gedanken des IWF nachvollziehen:

Für die Gemeinschaftswährung Euro gilt es, die Inflationsentwicklung in einer Vielzahl von Volkswirtschaften zu berücksichtigen, welche mitunter ziemlich unterschiedlich ausfällt. Insbesondere in Stress-Situationen wie zur Zeit und mit mehreren Ländern in der Eurozone, die sparen müssen und somit tendenziell in eine Deflationspolitik gedrängt werden, wird eine gesamteuropäische Inflation von 2% bedeuten, dass mehrere Staaten viel tiefere Teuerungsraten, sagen wir um die Null, ausweisen werden. Dies wäre für sie auf nationaler Ebene zu tief, denn — siehe oben — ganze Teile ihrer Volkswirtschaften würden in der Deflation stecken.

Und zweitens: Gegeben eine ohnehin sehr präsente Deflationsgefahr in der Eurozone (und allgemein in den Industriestaaten), das Problem Nummer Eins “hohe Arbeitslosigkeit” sowie die große Unsicherheit über die Konjunkturentwicklung, täte die EZB wohl gut daran, den “Sicherheitsabstand” zur Deflation zu erhöhen, ergo ein höheres Inflationsziel anzustreben. Auch wenn nur temporär.

Ich persönlich halte den Vorschlag des IWF für nicht abwegig. Es wäre hilfreich, wenn sich die EZB — offiziell oder nicht — höhere Inflationsraten (meinetwegen 3%) als target setzen würde.

Es gibt aber auch andere Meinungen:

  • Der IWF spielt mit dem Feuer (Axel Weber, war schon klar, in der FTD).
  • Der IWF-Vorschlag ist falsch, aber konsistent (Handelsblatt).
  • Eine Abhandlung zum Thema auch bei egghat.
  • Paul Krugman ist eher für die 4% mit ähnlichen Argumenten wie oben: “The task would be a lot easier if the eurozone had 4 percent inflation instead of 2″ (NYT).
  • Mike Shedlock hält wiederum nichts davon, aber aus einer anderen Perspektive betrachtet: Feste Planung, und somit ein festes Inflationsziel, sei nachweislich immer eine ökonomische Dummheit (Mish’s).

Kategorien: Frontpage · Inflation

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