Angenommen, wir wären Pizzabäcker in einem miesen Mafiafilm. Eines Tages, wir haben gerade unser Lokal aufgesperrt, besucht uns Don Alfonso mit seinen humorlosen Begleitern. Diese zerren uns in die Küche, weil sich Blut von den Kacheln besser abwischen lässt, zertrümmern uns das Nasenbein und machen uns dann ein Angebot, das wir nicht ablehnen können: Gegen die Zahlung einer Gebühr könne man uns künftig vor solchen Unfällen beschützen. Nur ein schlechter Film?

Im richtigen Leben gibt es vergleichbare Mafiamethoden – zwar weniger blutig, aber ähnlich kostspielig. Opfer sind wir alle. Täter sind die Hersteller von technischen Geräten, von Handys, Computern, Kameras. Ihre Druckmittel sind »Antifeatures« – Tricks und Kniffe, mit denen sie ihre Produkte vorsätzlich schlechter machen, als sie eigentlich sein könnten. Kleine elektronische Schweinereien, die uns das Leben mit der Technik zur Hölle machen und dafür sorgen, dass wir zahlen und zahlen, um sie loszuwerden. Was uns natürlich nie gelingt. Weswegen wir noch mehr zahlen und zahlen. Und irgendwann sogar glauben, das sei völlig normal.

Aber das ist es nicht. Das ist Beschiss. Manche Handys zum Beispiel kann man nur mit Sim-Karten bestimmter Netzanbieter benutzen – das ist ein klassisches Antifeature. Denn technisch passt jede Sim-Karte in jedes Handy. Doch Telekom, Vodafone und all die anderen Netzbetreiber nehmen uns diese Freiheit, damit wir weiter mit ihren teuren Tarifen telefonieren und ja nicht mit einem anderen Anbieter fremdgehen. Loswerden können wir die Sperre natürlich nur gegen Bares.

Benjamin Mako Hill bemerkte als einer der Ersten, dass die Konzerne solche Schikanen systematisch einsetzen. Hill ist Amerikaner, dreißig Jahre alt, schlaksig und unvollkommen rasiert. Als Programmierer und Aktivist der Free-Software-Szene versteht er sich als eine Art Mafiajäger: Hill findet es gar nicht gut, dass die Konzernbosse ein Geheimnis darum machen, wie die Dinge funktionieren, die sie uns verkaufen. Er erfand das Wort »Antifeature« , um Aufmerksamkeit dafür zu erregen, dass Alltagsprodukte künstlich verschlechtert werden – und begann öffentlich gegen die absurdesten Auswüchse zu protestieren.

Aufgefallen ist ihm zuletzt Intel. Seit dem Herbst experimentiert der weltweit größte Chiphersteller in den Vereinigten Staaten mit einem »Upgrade-Service« für Prozessoren. Man kauft also zunächst einen Computer, in dem solch ein Prozessor steckt. Ist man mit dessen Leistung unzufrieden, darf man für etwa 50 Dollar eine »Intel Upgrade Card« erwerben, mit der sich via Internet eine schnellere Prozessorleistung herunterladen lässt. Aber Moment mal: Wie ist es möglich, ein Stück Hardware per Datendownload zu verbessern? Doch wohl nur, weil die Prozessorleistung ab Werk gedrosselt wurde und nun durch eine Art digitalen Schlüssel wieder entsperrt wird.

Kein Drama? Von wegen. Beim Neuwagenkauf würden wir uns so etwas nie bieten lassen: Wir investieren 20.000 Euro und wollen unseren Spaß haben. Dann merken wir, dass die Handbremse klemmt oder uns irgendetwas daran hindert, in den vierten Gang zu schalten. Und dann sagt der Autoverkäufer: Handbremse lösen? Kostet extra. Hochschalten? Kostet auch extra. Ist das nun Service? Oder unverschämt?

Antifeatures erfüllen verschiedene Zwecke. Sie verleiten uns dazu, mehr Geld auszugeben. Oder sie gaukeln uns eine besondere Markenqualität vor. Oft sogar beides zugleich, wie bei Apples Musikladen iTunes Store . Da sollten einzelne Lieder (»in höherer Qualität«) vor Jahren plötzlich 30 Cent mehr kosten – damit der digitale Kopierschutz entfernt wird, der zuvor verhindert hat, dass man sie auf einigen Musikspielern überhaupt abspielen konnte.

Gemein ist allen Antifeatures, dass sie kaum als solche zu erkennen sind. Sie werden uns sogar oft als tolle Innovation verkauft. Als Zusatznutzen. Oder als Schutz unserer Geräte vor den Gefahren der Welt.