Feridun Zaimoglu: Lesung hinterlässt viele Fragen

Der mehrfach preisgekrönte Autor Feridun Zaimoglu ist auf Einladung des Multikulturellen Zentrums, des Asta der Uni Trier und der Heinrich-Böll-Stiftung in der Tufa Trier zu Gast gewesen. Er las aus seinem neuen Roman "Hinterland" und stellte sich den Fragen der Zuhörer.

 Feridun Zaimoglu schaut bei seiner Lesung in der Tufa Trier das Publikum kaum an. TV-Foto: Anke Emmerling

Feridun Zaimoglu schaut bei seiner Lesung in der Tufa Trier das Publikum kaum an. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. Am Anfang seiner Buchprojekte stehe immer eine bestimmte Stimmung, erklärt Feridun Zaimoglu seinem Trierer Publikum bei einer Lesung in der Tufa. So ist es auch in seinem neuen, in sieben Episoden angelegten Roman "Hinterland", einem, wie er es formuliert, "Buch für Träumer und Verträumte".

Es beginnt trostlos, mit der Schilderung der Situation einer von ihrem Mann verlassenen und zum Leben in einem Waldhaus gezwungenen Frau. Wer denkt, daraus entwickele sich eine Geschichte um den weiteren Verlauf ihres Schicksals, wird erst einmal verwirrt. Mit sprunghaften, zusammenhanglos wirkenden Wechseln von Erzählperspektiven kommt plötzlich eine irrationale Märchenwelt um Zwerge und Gnome ins Spiel. Dann wieder eine Prager Bar als Schauplatz für die Einführung anderer Hauptpersonen, die trotz detailverliebter Beschreibungen nicht als lebendige Charaktere greifbar werden.

Die von Zaimoglu mit sonorer Stimme und ohne jeglichen Blickkontakt zum Publikum vorgelesenen Anfangskapitel sind anstrengend. Sie verlieren sich in Schilderungen, die in Nebensächlichkeit ohne Wirkung verpuffen. Ein roter Faden um die eigentliche Handlung des Buchs ist in den vorgestellten Kapiteln noch nicht auszumachen.

Entsprechend erlahmt bei manchem Zuhörer das Interesse, sich weiter konzentriert einzulassen. Einer der Zuschauer sagt: "Ich fühle mich nicht erreicht." Genau da endet die Lesung, und Zaimoglu beantwortet offene Fragen, zum Beispiel die nach dem Kernthema seines Romans. Das sei Liebe in ihren modernen Erscheinungsformen, aber auch das kleine Glück von Menschen, die das Siegen nicht gelernt hätten. "Mir genügt es nicht, die Realität nachzubilden", sagt Zaimoglu. Er sei als Autor wie auch als Zeichner und Maler bemüht, Bilder zu finden. Die Zwerge seien eine Metapher aus der deutschen Romantik. Sie dienten als Übersetzung für den Kummer, aber auch als Schlüssel zur Frage: "Wie kann man geheilt werden vom Zynismus der Moderne?".

So endet die Lesung von Feridun Zaimoglu in der Trierer Tufa, die das Multikulturelle Zentrums, der Asta der Uni Trier und die Heinrich-Böll-Stiftung organisiert haben, wenigstens mit dem Aufschluss, welchen Lesern "Hinterland" sicher keinen Genuss bietet: Pragmatikern mit Hang zu klaren Aussagen in klarer Sprache.

"Hinterland" ist im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen, hat 448 Seiten und kostet 19,95 Euro.

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