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Bundestagswahl Angebot an SPD

Linkspartei zu Wende in Afghanistan-Politik bereit

Bodo Ramelow Bodo Ramelow
Hält einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan nicht für sinnvoll: Bodo Ramelow, Spitzenkandidat der Linkspartei in Thüringen und stellvertretender Vorsitzender der Lin...ks-Fraktion im Bundestag
Quelle: AP
Die Linkspartei ist bereit, ein Haupthindernis für eine Zusammenarbeit mit der SPD im Bund zu beseitigen und kündigt eine Wende in der Afghanistan-Politik an: "Uns geht es nicht um einen sofortigen Abzug. Das wäre wie eine Flucht damals aus Vietnam", sagte Bundestags-Fraktionsvize Bodo Ramelow, der "Welt am Sonntag".

Bisher hatten die Linken einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan gefordert. „Die SPD muss sich klar werden über einen ehrlichen Zeitplan", verlangte Ramelow jetzt von den Sozialdemokraten und fügte hinzu: „Untersetzt man den Zeitplan mit mehr Militär, ist das mit uns nicht machbar. Untersetzt man es mit mehr nachweislichem zivilem Engagement und dem stufenweisen Abzug, dann sind wir offen."

Welt am Sonntag: Herr Ramelow, ab wann haben Sie gedacht, dass es mit Ihnen und der SPD in Thüringen nichts wird?

Bodo Ramelow: Als es gelang, die Grünen ins Boot zu holen, dachte ich, jetzt klappt das. Mir war klar, ich kann in dieser Legislaturperiode nicht Ministerpräsident werden, auch kein anderer Linker. Das hätten die Grünen und die SPD nicht akzeptiert. Aber ich wollte diese Regierung. Als ich andeutete, dass ich bereit bin, aufs Amt des Ministerpräsidenten zu verzichten, reagierte die SPD entsetzt. Ich erhielt Anrufe vom SPD-Schattenminister Matthias Machnig und musste mich beschimpfen lassen, die SPD zu einer Personaldiskussion zu zwingen.

Welt am Sonntag: Das ist ja auch nicht zu leugnen ...

Ramelow: Ich hätte mir einen Ministerpräsidenten mit SPD-Parteibuch vorstellen können. Ob nun Leute wie Gesine Schwan oder Wolfgang Thierse. Aber ich wollte die Linke von der SPD nicht zwingen lassen, deren Führerschaft per Dekret anzuerkennen. In einer Dreierkonstellation kann nicht einer die Richtlinienkompetenz haben. Für einen Politikwechsel hätte man auch völlig neue Wege gehen können. Aber die SPD hat die Verhandlungen immer nur um Posten geführt. Ich möchte nur daran erinnern, dass ich nach dem Verzicht auf den Ministerpräsidentenposten Wirtschafts- und Energieminister werden wollte. Das wird nun Matthias Machnig. Diese Leute treiben die SPD in den Selbstmord. Die Partei wird sich in den nächsten Jahren in Thüringen marginalisieren, wie sie es in Sachsen getan hat.

Welt am Sonntag: Reicht es Ihnen, Oppositionsführer in Thüringen zu sein?

Ramelow: Ich wäre gern der erste Ministerpräsident der Linken geworden. Gerade in einem neuen Dreierbündnis. Aber ich werde gerne Oppositionsführer und werde in den nächsten Jahren jede der im Wahlkampf erhobenen SPD-Forderungen als Antrag einreichen.

Welt am Sonntag: Matschies Entscheidung hat überrascht: Die Bundes-SPD will sich doch der Linken nähern.

Ramelow: Die Lage der SPD im Bund ist so desolat, dass es von dort wohl keinerlei Signale gab. Der SPD in Thüringen unterstelle ich, dass sie ihren vorgefertigten Plan durchgezogen hat. Das nenne ich politischen Autismus.

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Welt am Sonntag: Ihr Parteichef Oskar Lafontaine belehrt die SPD, wie sie sich reformieren soll. Finden Sie das richtig?

Ramelow: Ich finde Belehrungen an eine andere Partei Quatsch. Die SPD muss aber für sich entscheiden, was sie sein will, eine zweite konservative Partei braucht kein Mensch.

Welt am Sonntag: Sie fordern den Abzug aus Afghanistan. Wird sich die Linke von der SPD da erweichen lassen?

Ramelow: Uns geht es nicht um einen sofortigen Abzug. Das wäre wie eine Flucht damals aus Vietnam. Die SPD muss sich klar werden über einen ehrlichen Zeitplan. Untersetzt man den Zeitplan mit mehr Militär, ist das mit uns nicht machbar. Untersetzt man es mit mehr nachweislichem zivilem Engagement und dem stufenweisen Abzug, dann sind wir offen.

Welt am Sonntag: Wie soll man die neue große Bundestagsfraktion der Linken bändigen, in der viele radikale Leute sitzen?

Ramelow: Wir arbeiten mit Hochdruck daran. Gregor Gysi und Oskar Lafontaine müssen die Führungsstruktur in der viel größer gewordenen Fraktion neu definieren. Es braucht mehr Strukturierung. Es reicht nicht, in der Fraktionssitzung die Sicht des Tages zu erläutern. Es wird sich zeigen, ob sich die neuen Abgeordneten an das Reglement gewöhnen können, dass nicht jeder das, was er in sich trägt, in die Welt posaunt. Es wird ein großer Reifungsprozess nötig sein.

Welt am Sonntag: Wer führt die Fraktion?

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Ramelow: Ich gehe davon aus, dass Gysi und Lafontaine die Fraktionsführung übernehmen.

Welt am Sonntag: Also immer noch die beiden?

Ramelow: Ja, und das ist auch völlig in Ordnung. Das war bisher unser Erfolgsrezept.

Welt am Sonntag: Soll im nächsten Jahr die Doppelspitze abgeschafft werden?

Ramelow: Da bin ich gegen. Es macht aber keinen Sinn, noch einmal WASG und PDS dort zu repräsentieren. Die Quellparteien sind tot. Es gibt nur noch die Linke. Wir haben mittlerweile mehr Mitglieder, die nie in einer der beiden Parteien waren. Ich fände es gut, wenn neben Lafontaine eine Frau, und zwar Petra Pau, an der Spitze steht.

Welt am Sonntag: Und Gysi?

Ramelow: Der bleibt Fraktionsvorsitzender wie bisher. Außerdem muss er auch auf seine Gesundheit achten und seine Kraft einteilen.

Welt am Sonntag: Ihre Parteichefs Lothar Bisky und Lafontaine scheinen auf eine Programmdebatte der Linken verzichten zu wollen.

Ramelow: Das wäre ein großer Fehler. Die Debatte ist jetzt angebracht. Wir müssen etwa darüber reden, was heute demokratischer Sozialismus heißt. Wir brauchen kein Wald- und Wiesenprogramm, aber eine Debatte um wichtige Bausteine. Einige Themen sind doch schon abgearbeitet. Die Frage „Regieren oder opponieren?“ ist durch das Leben beantwortet.

Welt am Sonntag: Sie wollen also regieren?

Ramelow: Ja, die Linke hat einen Regierungsanspruch, weil sie Politik gestalten will.

Welt am Sonntag: In Bezug auf „Eigentum“, was muss dazu im Programm stehen?

Ramelow: Der Satz, der im Grundgesetz steht: Eigentum verpflichtet. Jedes Eigentum muss sich daran messen lassen, welche Wirkung es hat. Wenn Eigentum Demokratie beeinträchtigt, muss man tatsächlich Eigentum begrenzen.

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