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Wahldebakel Piraten-Chef Schlömer gibt Amt auf

Nach dem Wahldebakel der Piraten gibt Parteichef Bernd Schlömer sein Amt auf. Kritiker hatten ihm die Niederlage angekreidet. Er sagte SPIEGEL ONLINE, er wolle "nicht wie Jürgen Trittin enden". Nun erwägt Marina Weisband ein Comeback.
Piraten-Chef Schlömer: "Ich ziehe mich zurück"

Piraten-Chef Schlömer: "Ich ziehe mich zurück"

Foto: Oliver Berg/ picture alliance / dpa

Hamburg - Der Chef der Piratenpartei gibt sein Amt ab. Bernd Schlömer verkündete seinen Entschluss auf Twitter. Er schrieb: "Das war es für mich. Ich ziehe mich zurück. Vielen Dank für 4 1/2 tolle Jahre im #BuVo." Damit ist der Bundesvorstand der Partei gemeint. Schlömer wird bei der nächsten Vorstandswahl im November nicht mehr antreten.

Schlömer, im Hauptberuf Regierungsdirektor im Verteidigungsministerium, war seit April 2012 Vorsitzender der Partei, die Piraten wählten ihn auf dem Höhepunkt ihres Aufstiegs ins Amt. Zuvor war er stellvertretender Parteichef und Schatzmeister. Am Sonntag waren die Piraten mit 2,2 Prozent der Stimmen krachend bei der Bundestagswahl gescheitert. In der Folge gab es auch Kritik am Parteichef.

Zu SPIEGEL ONLINE sagte Schlömer: "Es ist Zeit, frische Leute aufzufordern, Politik zu machen. Ich möchte einer notwendigen Profilierung nicht im Weg stehen." Der 42-Jährige vertrat eine liberale Strömung innerhalb der Partei. Andere Mitglieder wollen einen eher linken Kurs fahren. Weiter gab Schlömer an, er möchte "auch selbständig entscheiden können zu gehen". In Anspielung auf die Kritik am Grünen-Spitzenkandidaten Jürgen Trittin sagte er: "Der Shitstorm gegen Trittin hat mir gezeigt, dass ich nicht so negativ bewertet enden möchte."

Die Entscheidung kommt nicht überraschend, aber früher als erwartet. Zuletzt wollte Schlömer erst im Oktober über seine Zukunft entscheiden. Die Rolle des Vorstands in einer basisorientierten Partei ist bislang nicht definiert und sorgt immer wieder für Konflikte. Schlömer sah sich wiederholt Angriffen von Teilen der Basis ausgesetzt.

Schlömers Amtszeit war vom rasanten Aufstieg bis zur vorläufigen Bruchlandung der jungen Partei gekennzeichnet. Kurz nach seinem Antritt enterten die Piraten weitere Landtage in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Zuletzt setze es jedoch herbe Niederlagen: bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und in Bayern sowie am Sonntag im Bund.

Immer wieder machten Schlömers Auseinandersetzungen mit dem früheren politischen Geschäftsführer und Weisband-Nachfolger Johannes Ponader Schlagzeilen. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung riet der Beamte dem Künstler Ponader, mal arbeiten zu gehen. Ein anderes Mal warf Schlömer seinem Geschäftsführer vor,ihn "hintergangen und erpresst" zu haben.

Weisband erwägt Comeback

Zeitgleich mit Schlömer gab auch der stellvertretende Parteivorsitzende Markus Barenhoff bekannt, nicht wieder für sein Amt zu kandidieren - auch das standesgemäß per Twitter. Zuvor hatten bereits zwei weitere Vorstandsmitglieder, der zweite Vize Sebastian Nerz sowie Beisitzer Klaus Peukert angekündigt, nicht erneut antreten zu wollen. Den Piraten steht somit ein kompletter Umbruch an ihrer Parteispitze bevor.

Als Hoffnungsträgerin bietet sich bereits Marina Weisband an. Die frühere Geschäftsführerin war zeitweise das bekannteste Gesicht der Piraten. Als ihr die Aufmerksamkeit zu viel wurde, zog sie sich im Frühjahr 2012 zurück und widmete sich ihrem Studium.

Jetzt hat sie ihre Diplomarbeit fertiggestellt - und kann sich vorstellen, für den Parteivorstand zu kandidieren. "Ich überlege es mir wirklich", sagte Weisband dem SPIEGEL mit der Einschränkung, dies gelte nur, wenn sie es mit ihrem Beruf vereinbaren könne. "Ich habe Lust, unsere Konzepte wie das bedingungslose Grundeinkommen auszuarbeiten." Jetzt, sagte Weisband, "haben wir ja eh nichts mehr zu verlieren."