FC Bayern verliert erstes Heimspiel:Angeschlagen - nach nur einem Spieltag

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Der FC Bayern agiert gegen Gladbach eindimensional und durchschaubar, die Niederlage weist verblüffende Ähnlichkeit mit Partien aus der vergangenen Saison auf. Bereits nach dem ersten Spieltag ist im Verein nun die Sorge zu erkennen, dass diese Spielzeit ähnlich schwierig werden könnte wie die letzte.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

Mario Gomez lieferte die womöglich trefflichste Erklärung des Abends, sie war deshalb so trefflich, weil es gar keine Erklärung war. "Da machst du dein Spiel, hast 60 Prozent Ballbesitz und sechs Torchancen", sagte er, "dann verlierst du eins null, stehst hier und suchst nach Gründen." Die Akteure des FC Bayern gaben sich wirklich Mühe, dieses 0:1 gegen Borussia Mönchengladbach zu erklären. Nur wollte es ihnen nicht so recht gelingen.

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Arjen Robben ist nur mit zehn Prozent seiner Tricks erfolgreich und spürt den Unmut des Volkes, Jérôme Boateng gestikuliert wie Mark van Bommel, Manuel Neuer wäre viel lieber Libero als Torhüter und gönnt sich den Patzer des Tages. Die Bayern beim 0:1 gegen Gladbach in der Einzelkritik.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

Einige (Gomez, Müller) haderten mit Entscheidungen des Schiedsrichtergespanns, das bei zwei kniffligen Abseitsentscheidungen jeweils gegen die Münchner votiert hatte. Andere (Schweinsteiger, Lahm) haderten mit Entscheidungen der Mitspieler, die ihrer Ansicht nach zu sehr dem Egoismus gefröhnt hatten. Einer (Manuel Neuer) haderte mit seiner eigenen Entscheidung, zu ungestüm aus dem Tor gestürmt zu sein und deshalb die Schuld am Gegentreffer zu tragen.

Der beste Bayern-Akteur an diesem Abend, Thomas Müller, wirkte persönlich beleidigt über den Ausgang dieses Spiels: "Ich bin sauer, ich habe so eine Krawatte. Alle guten Vorsätze sind wieder beim Teufel. Der Gegner macht aus dem Nichts ein Tor. Das ist unser Problem. Wir gehen heute alle wütend ins Bett!" Auch das war eine überaus treffliche Erklärung - und hätte Müller nicht zur Nationalelf reisen müssen, dann hätte er wohl auch noch an der Herabstufung der amerikanischen Kreditwürdigkeit herumgenörgelt.

Der FC Bayern hatte kein schlechtes Spiel gemacht gegen den Außenseiter aus Gladbach, der vor seinem vorzüglich agierenden Torwart Marc-André ter Stegen zwei Wellenbrecher postiert hatte, bestehend aus jeweils vier Feldspielern. Der Brasilianer Dante orchestrierte diesen Defensiv-Verbund, der sich tapfer wehrte gegen die Angriffe der Münchner. Dazu sorgten Igor de Camargo und Juan Arango für entlastende und sehenswerte Angriffe. "In Dortmund wollen die Mannschaften etwas holen und spielen mit", schimpfte Müller weiter, "hier stellt sich jeder nur hinten rein."

60 Prozent Ballbesitz waren es am Ende für die Münchner, sie schafften beinahe doppelt so viele Ballkontakte wie die Gladbacher und erreichten ein Ecken-Verhältnis von 12:2. Sie hatten auch einige Torchancen, mit denen sie glücklos und ungeschickt umgingen - oder vom Linienrichter zu Unrecht gebremst wurden. "Das hätte er auch sein lassen können", sagte Müller danach über die zweite Entscheidung des Unparteiischen, einen Müller-Treffer wegen Abseits von Gomez nicht anzuerkennen.

Die Münchner haben aber auch kein gutes Spiel gemacht - vor allem, wenn man den Auftritt von Borussia Dortmund als Referenz heranzieht. Dortmund war am ersten Spieltag ein Sportwagen, bei dem nach Ballgewinn jeder einzelne Gang bis zur Drehzahlbegrenzung ausgefahren wurde - was eine enorme Beschleunigung und eine noch viel enormere Endgeschwindigkeit bedeutete. Der FC Bayern dagegen kam daher wie eine Limousine, bei der in Ballbesitz sogleich der sechste Gang eingelegt wird und die ständig untertourig fährt.

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Nach Ballgewinn gab es erst einmal einen Querpass, dann einen Rückpass und dann noch einen Querpass. Als dann alle Gladbacher wieder in Position waren, wurde das Spielgerät auf die Außenbahn gespielt und darauf gewartet, dass Müller und Robben schon etwas damit anfangen würden. Müller fing sehr viel mit dem Ball an, fand am Ende aber keine Abnehmer für seine Zuspiele. Robben fing eher weniger mit dem Ball an, ihm war deutlich anzumerken, dass er vor wenigen Tagen noch auf der Verletztenliste gestanden hatte.

Bastian Schweinsteiger (links) und Thomas Müller nach der Niederlage gegen Mönchengladbach: Angeschlagen nach dem ersten Spieltag. (Foto: dpa)

Es war eindimensional und leicht zu durchschauen, das Spiel des FC Bayern - und es erinnerte beängstigenderweise an die langweiligeren Partien der Louis-van-Gaal-Ära. "Wir hätten schneller spielen müssen in Momenten, als Gladbach nicht gut positioniert war", sagte Trainer Jupp Heynckes nach dem Spiel, "eine gut formierte Gladbacher Elf muss man überraschen, auch mal aus dem Halbfeld flanken." So aber gelang den Gladbachern, was der FC Bayern in dieser Saison vorhatte: auch mal schmutzig mit 1:0 zu gewinnen.

Nun müssen die Münchner nach Wolfsburg, es bleibt ihnen jedoch kaum Gelegenheit, diese Niederlage aufzuarbeiten. "Bis auf vier Spieler reisen nun alle zu den jeweiligen Nationalmannschaften", sagte Heynckes, "erst am Donnerstag oder Freitag können wir wieder gemeinsam trainieren und und vorbereiten."

Sie wirkten angeschlagen, die Akteure des FC Bayern - so wie ein Boxer, dem vor dem Kampf ein leichter Sieg vorausgesagt worden war und der dann in der ersten Runde einen wuchtigen Wirkungstreffer des Gegners hinnehmen musste. "Jetzt ist das eingetreten, was wir vermeiden wollten: Wir laufen schon wieder hinterher", sagte Karlheinz Rummenigge. In seinem Tonfall war deutlich die Besorgnis zu erkennen, dass diese Spielzeit ebenso schwierig werden könnte wie die vergangene.

Vor allem Müllers Schimpftirade verdeutlichte die Sorge, den Optimismus aus der Vorbereitung nicht hinüber in die Saison retten zu können, weil das Spiel so sehr an die vergangene Spielzeit erinnerte. Auch da hatte es stets gute Vorsätze gegeben, die später beim Teufel waren. Gegner, die sich nur hinten reingestellt hatten. Gegentore, die aus dem nichts gefallen waren. Und dann eben Bayern-Spieler, die wütend ins Bett gegangen sind.

Freilich taugt die erste Partie der Saison noch nicht dazu, Schlüsse für die komplette Spielzeit zu ziehen - aber es war doch deutlich erkennbar, dass die Elf den Pragmatismus, den Heynckes ihr verordnen möchte, bislang noch nicht wirklich verinnerlicht hat. Es war zu sehen, dass der FC Bayern immer noch allzu sehr von kreativen Einfällen einzelner Spieler abhängig ist und noch nicht in der Lage ist, gruppendynamische Angriffe zu inszenieren.

Und die Zugänge Manuel Neuer und Jérôme Boateng erkannten, was es bedeutet, Torwart beziehungsweise Verteidiger beim FC Bayern zu sein: Es gibt zahlreiche Spiele, in denen es kaum spektakuläre Aktionen oder formidable Paraden braucht, sondern in denen es gerade einmal drei gefährliche Momente gibt - und man dazu verpflichtet ist, in diesen Situationen die richtige Entscheidung zu treffen.

Neuer und Boateng kommunizierten ungenügend miteinander, sie trafen die jeweils falsche Entscheidung und machten gemeinsam einen Fehler, der Gladbach den Siegtreffer ermöglichte. "Da sehe ich blöd aus", sagte Neuer nach dem Spiel. Das war dann doch, ohne Mario Gomez und Thomas Müller zu nahe treten zu wollen, eindeutig die trefflichste Erklärung dieses Abends.

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