"...dann haben die Taliban keine Zukunft mehr"

Wie der Mordanschlag auf eine 14-Jährige, die sich für bessere Ausbildungschancen einsetzte, zeigt, sind die pakistanischen Sicherheitskräfte keine Bedrohung für die Taliban, Mädchen aber sehr wohl

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100.000 Dollar hat die pakistanische Regierung für die Ergreifung der Täter ausgesetzt. Das 14-jährige Mädchen, das im pakistanischen Swat Valley von Taliban niedergeschossen wurde, befindet sich noch immer in einem sehr kritischem Zustand, nach dem es zunächst hieß, sie sei außer Lebensgefahr. Sie wurde nach Rawalpindi in ein Militär-Krankenhaus geflogen, wo man auf das Können von Ärzten hofft, die auf Schussverletzungen spezialisiert sind.

Es ist kein Geheimnis, wo die Täter zu finden sind. Ob Polizei oder Armee ihrer habhaft werden, ist trotzdem nicht garantiert. So wie die Sicherheit von Malala Yousafzai trotz starker Polizei-und Armeepräsenz im Swat Valley auch nicht garantiert war. Die Täter konnten "einfach weggehen".

Die Taliban haben sich bald, nachdem es ihnen gelungen war, das Mädchen in einem Schulbus ausfindig zu machen und auf sie zu schießen, wobei zwei weitere Mädchen verletzt wurden, zu der Aktion bekannt. Malala Yousafzai sei das Ziel gewesen, äußerte ein Taliban-Sprecher namens Ehsanullah Ehsan gegenüber der New York Times. Er begründete dies damit, dass das Engagement Malala Yousafzais für das Recht auf Bildung von den religiösen Fanatikern als "Obszönität" empfunden werde.

Man habe ihr eine Lektion erteilt, so der Talibansprecher, da sie zu einem lokalen Symbol der "westlichen Kultur" geworden sei und offen für diese Kultur eintrat. Sollte sie den Mordanschlag überleben, würde man erneut versuchen, sie umzubringen, sagte der Talibanvertreter.

Pakistanische Zeitungen stellen nun die Frage, warum Malala Yousafzai gerade wegen ihrer Bekanntheit nicht besser geschützt wurde. Dass sie Drohungen erhielt, war schließlich auch bekannt. Die örtliche Polizei behauptet, sie habe ihr Schutz angeboten, aber die Familie habe dies abgelehnt - eine Behauptung, der die Familie des Mädchens widerspricht.

Unstrittig ist, dass die gewalttätigen Fundamentalisten mit dem Versagen, der Apathie oder Sympathie und Angst der pakistanischen Sicherheitskräfte rechnen können. Wenn sich die Moralwächter ein Ziel ausgesucht haben, stellen sich ihnen offenbar wenig Hindernisse in den Weg. "In the past, they have killed women; pulled out bodies from graves; bombed mosques, schools, funeral prayers and jirgas; beheaded people and displayed their severed heads in public places", heißt es in einer pakistanischen Zeitungsmeldung. Ihr jüngstes Ziel haben sich die Taliban einer hässlichen Logik der Macht folgend ausgesucht, wie dies im US-Magazin Slate treffend auf den Punkt gebracht wird:

"Eine Teenagerin, die sich für Schule und Ausbildungsmöglichkeiten für Mädchen engagiert, ist in etwa das Erschreckenste der Welt für die Taliban. Sie ist keine westliche NGO-Aktivistin, die gerade mit dem Fallschirm auf paschtunischem Gebiet gelandet ist, um pädagogische Bücher zu verteilen. Sie ist viel gefährlicher: eine lebendige örtliche Anwältin des Fortschritts, der Bildung und der Aufklärung. Wenn sich solche Yousafzias vermehren, dann haben die Taliban keine Zukunft mehr."