Wattebäuschchen wieder vor Gericht

KNAST.jpegJetzt haben es die Wattebäuschchen bis vor das Oberlandesgericht geschafft. Morgen (Mittwoch) um 11 Uhr wird im Strafjustizgebäude erneut gegen eine „Täterin“ verhandelt. Insgesamt elf Erzieherinnen hatten im Herbst 2004 die Haushaltsdebatte der Bürgerschaft gestört, um darauf aufmerksam zu machen, dass die CDU ihre Wahlversprechen im Bereich der Kindertagesstätten gebrochen hatte.

Das Beschäftigtenbündnis der Hamburger Kitas schreibt dazu:
Sehr geehrte Damen und Herren,

Eine kurze Erinnerung worum es geht:

Am 27.10.04 ist in der Bürgerschaft der Haushalt der Kitas beschlossen worden. Diese Sitzung war sehr gut besucht. Auch VertreterInnen des Bündnisses waren anwesend. Das Bündnis hatte eine Aktion zu dieser Sitzung geplant, in der es darum ging, darauf aufmerksam zu machen, dass der CDU Senat seine Wahlversprechen nicht einhält („ Es wird keine Standartabsenkungen geben“ Ole v. Beust).

Während des Redebeitrags von Senatorin Schnieber- Jastram, in der sie gerade ausführte, dass die Standards so vereinbart werden, dass diese auf lange Sicht hin durchhaltbar sind, fing es zu „schneien“ und Flugblätter zu „regnen“. Das Motto dieser Aktion:

„ Wahlaussagen der CDU sind Schnee von gestern“.

Daraufhin flatterten 11 KollegInnen Strafbefehle ins Haus, hier der Auszug, im Original, aus der Anklageschrift:

„Ihnen wird vorgeworfen, am 27.10. 04 mit 10 weiteren Personen die Sitzung der Hamburger Bürgerschaft durch Werfen von Wattebäuschen und wolkenartig geformten Flugblättern vom der Bürgerschaftsloge aus in den Plenarsaal in der Form gestört zu haben, dass diese in der Zeit von 17.44 Uhr bis 17.48 Uhr unterbrochen werde musste. Somit sind sie dringend verdächtigt, den Tatbestand des § 106b StGB (Störung der Tätigkeit eines Gesetzgebungsorgans) erfüllt zu haben.“

Alle 11 Beteiligten wurden einzeln, nach dem STRAFGESETZBUCH, angeklagt.
Bei 4 Kolleginnen wurden in der Zwischenzeit Prozesse geführt. 2 Kolleginnen haben Aufgrund großer Einschüchterungen ihren Einspruch zurückgezogen und sind in der Bewährungszeit.

Ein weiterer Prozess ist seit nun mehr 1,5 Jahren ausgesetzt, und in einem Fall ist die Kollegin freigesprochen worden. Den Freispruch akzeptierte die Staatsanwaltschaft nicht und ging in Revision. Genau dies wird jetzt vor dem OLG- Oberlandesgericht verhandelt.

Das Besondere ist nicht nur, dass dies Obere Gericht sich mit diesem schweren Verbrechen auseinandersetzen muss, sondern auch das eine öffentliche Verhandlung geführt wird. Das ist seit 10 Jahren nicht mehr geschehen, da ansonsten dies als formaler Akt behandelt wird.

Erlaubt sein muss hier die Frage der Verhältnismäßigkeit. Frauen, die weder vorbestraft sind, die ein regelmäßiges Einkommen haben und somit Steuern zahlen, sozial engagiert sind, keiner radikalen Szene zugeordnet werden können werden dafür, dass sie für 4 Minuten die Bürgerschaftssitzung unterbrochen haben sollen und das Werfen von Wattebäuschchen verfolgt und kriminalisiert. Niemand ist hier zu Schaden gekommen!

Der Termin für die Verhandlung vor dem OLG ist:

Mittwoch, d. 21. Juni 2006 um 11 Uhr im Strafjustizgebäude, Saal 300

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